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Branchenmonat Spezial 2.0- Barrierefreiheit auf Social Media
Tipps & Informationen zu mehr Barrierefreiheit
Aufgrund des wachsenden Bedürfnisses nach mehr Barrierefreiheit, haben wir einen Überblicksartikel zum Thema „Barrierefreiheit auf Social Media“ geschrieben.
Disclaimer Wording:
Wir haben uns entschieden die Bezeichnung „Menschen mit Behinderung“ zu nutzen, da diese laut myability.org für die allermeisten Betroffenen auch als Selbstbezeichnung gewählt wird. Wir sind uns bewusst, dass Sprache sich laufend weiterentwickelt. Sollte diese Formulierung an irgendeinem Punkt von Betroffenen als beleidigend oder verletzend wahrgenommen werden, wird sie von uns verändert. Sollte Dir auffallen, dass die Sprache nicht mehr inklusiv ist, freuen wir uns über Hinweise per Mail oder Kontaktformular!
In einem früheren Text haben wir ja bereits die (verpflichtenden) Anpassungen im Hinblick auf Barrierefreiheit im E-Commerce besprochen. Heute möchten wir dies als Anlass nehmen, um über die Barrierefreiheit auf Social Media zu sprechen.
Warum brauchen wir Barrierefreiheit auf Social Media?
Weil Barrierefreiheit essentiell ist, um eine Gesellschaft zu schaffen, die mehr als den eigenen Tellerrand sieht. Auch digital. Und alle Produkte, die barrierefrei sind, sind automatisch auch zugänglicher für Menschen ohne Behinderungen. Barrierefreiheit ist immer eine Win-Win Situation.
„Barrierefrei posten heißt einerseits, sich der Verantwortung bewusst zu werden, die wir als Creators gegenüber diesem Personenkreis haben und andererseits diese „anderen“ Grundvoraussetzungen in unsere Media-Planung miteinzubeziehen.“ – OMR über Barrierefreiheit auf Social Media
Welche Bereiche sind von „Barrierefreiheit auf Social Media“ betroffen?
Inwiefern die Apps selbst barrierefrei zugänglich sind, können wir als Nutzer:innen natürlich nicht beeinflussen. Was wir aber beeinflussen können, ist der content – also die Inhalte – und hier gibt es von der caption (also dem Text, den wir schreiben), über Bildbeschreibungstexte (sog. Alt-Texte) bis zu open und closed captions (Untertitel) in Videos recht viele Möglichkeiten.
Leichte Sprache:
Alle, die regelmäßig Captions (Beschreibungstexte) auf Social Media Plattformen schreiben, wissen, dass die Balance zwischen ausführlichen, aber nicht zu langen, Texten ohne Barriere-Überlegungen eine Herausforderung sind. Spannenderweise wird die Überlegung ein bisschen einfacher, wenn man Barrierefreiheit mitdenkt. Beim Thema Barrierefreiheit in Fließtexten ist nämlich „leichte Sprache“ und „einfache Sprache“ ein zentrales Thema. Kurz gesagt bedeutet das, dass Texte nicht extrem lang und Sätze nicht verschachtelt sein sollen. Besser ist es, den Gedanken in mehrer kürzere Sätze aufzuteilen. Dadurch kann man sich selbst auch einen Rahmen setzen, um beim Wesentlichen zu bleiben. Ich sag doch: win-win!
Einen Guide zu leichter Sprache findest Du am Ende des Textes.
Emojis:
Emojis helfen dabei, den Text aufzulockern und die richtige Emotion zu vermitteln. Screenreader (eine unterstützende Technik für Menschen mit Sehbehinderungen) können Emojis grundsätzlich „lesen“. Jedoch kann es bei übermäßigem Einsatz und fragwürdiger Platzierung zu sehr wirren Ergebnissen beim Screenreader kommen. Denn das Emoji wird ja in seiner Bedeutung vorgelesen (♥️
Das wird zu: „Medienkraft rotes Herz liebt rotes Herz Online-Marketing! Confettikanone Hände in einer Herzform“.
Das wird zu: „Medienkraft liebt Online-Marketing! Rotes Herz“
Sonder-Schriftarten:
Vor allem auf Instagram fällt uns immer wieder auf, dass Accounts eine eigene Schriftart nutzen, obwohl das standardmäßig auf Instagram gar nicht möglich ist. Hier werden Sonderzeichen über externe Tastaturen eingefügt. Screenreader können diese Zeichen aber nicht lesen und geben sie damit gar nicht oder in einer nicht verständlichen Weise wieder. Also – klares „Nein“ von uns!
Bsp.:
Hashtags:
Damit Hashtags auch für Screenreader lesbar sind, braucht es entweder den Pascal- oder CamelCase-Hashtag.
Beide beschreiben eine Form der Hashtags, die sie lesbarer machen.
Bsp.:
- Nicht-Barrierefrei: #medienkraftliebtmarketing
- Pascal-Hashtag: #MedienkraftLiebtMarketing
- CamelCase-Hashtag: #medienkraftLiebtMarketing.
Egal welchen der beiden Du verwendest, achte darauf, dass Deine Hashtags lesbar sind.
Wie können Bilder auf Social Media barrierefreier gestaltet werden?
Bei Bildern gibt es inzwischen eine ganz einfache Methode, die direkt beim Einplanen der Beiträge oder beim Live-Posting eingesetzt werden kann.
Die Alternativ-Texte („Alt-Text“) – das sind einfache Bildbeschreibungen.
Dazu gibt es sehr viele, sehr ausführliche Informationen (siehe Links am Ende des Beitrags). Wir fassen nur die wichtigsten Eckpunkte zusammen:
- Kurze, klare Sätze verwenden.
- Die offensichtlichsten Infos zuerst darstellen.
- Wenn es sich um ein Foto oder Bild handelt, muss das nicht extra definiert werden. Das ist eine überflüssige Information.
- Alt-Texte sollten nur Informationen enthalten, die einen Mehrwert in der Beschreibung des Bildes liefern. Keine Werbung oder CTAs.
- Texte auf dem Bild müssen in den Alt-Text!
- Keywords zu verwenden, kann für die Beschreibung hilfreich sein. Es hilft auch der eigenen SEO innerhalb der Plattform. (Achtung auf Text-Bild Schere!)
- Alt-Texte brauchen keine überemotionalen Beschreibungen und auf gar keinen Fall Emojis.
- Um zu üben und Texte zu testen, kann man die liebste Kollegin schnappen und ihr einen Alt-Text vorlesen und dann fragen, ob das Bild zur Vorstellung passt. Das wird voraussichtlich keine 100%-ige Übereinstimmung sein, aber ein sehr guter Richtwert.
Lust auf ein Experiment? Teste mal die Voice-Over Funktion Deines Telefons und geh damit auf Instagram oder Facebook. Dann bekommst Du ein Gespür dafür, wie barrierefrei Social Media im Moment ist und welchen Beitrag Du leisten kannst, um es barrierefreier zu machen.
2022 (A. Heinrich) erschien ein Bericht zum Unterschied in der Reichweite bei Postings mit Alt-Text. Hier zeigte sich ein größere Reichweite und mehr Engagement als bei Postings ohne Alt-Texte.
Wie können Videos (oder auch Podcasts) barrierefreier gestaltet werden?
Mit einer sehr offensichtlichen Lösung.
Untertitel (Online auch als open- bzw. closed-Captions bezeichnet)
Beide sind eine Verschriftlichung des Gesagten. Der einzige Unterschied ist die Interaktionsmöglichkeit.
Open Captions werden bereits in der Video-Produktion eingebaut und können von User:innen nicht verborgen, verschoben oder anderweitig bearbeitet werden.
Closed Captions werden später (oft via Textdatei oder direkt über die Plattform) erstellt. User:innen können dann damit interagieren und sie anpassen.
Im Moment befinden wir uns auf Social Media in einer Übergangszeit, in der Plattformen automatisch Closed Captions generieren und diese dann zum Teil gleichzeitig mit den Open Captions der Creators im Video aufscheinen.
Wir würden daher immer noch das aktive Einfügen von Captions – egal ob open oder closed – empfehlen. Somit stellt man sicher, dass der Text mit dem Gesagten übereinstimmt und dass in jedem Fall eine Art des Untertitels vorhanden ist.
Generelle Hinweise
- Achte auf die Kontraste, vor allem wenn Du Text auf dem Bild integrierst.
- Keine übermäßigen flashigen Inhalte/Bearbeitungen! Diese können im schlimmsten Fall zu epileptischen Anfällen führen. GIFs sind leider nicht sehr barrierefrei.
- Achte auch auf eine angenehme Balance von Sprechlautstärke zu Musiklautstärke, wenn beides in Deinem Video vorkommt.
Bei der Recherche zu diesem Text sind wir über Hinweise gestoßen, keine ableistische (also Menschen mit Behinderung gegenüber diskriminierende) Sprache zu verwenden. Wir denken zwar, dass das selbstverständlich ist, aber hier nochmal der Hinweis, dass Wörter wie „dumm“ oder „gestört“ ableistische Beleidungen sind und Wörter wie „behindert“ oder „krank“ NICHT als Beleidigungen genutzt werden sollten. Neue Narrative hat einen ganzen Artikel dazu geschrieben, der sehr lesenwert ist. – https://www.neuenarrative.de/magazin/wie-ableismus-sich-in-unserer-sprache-zeigt
Weiterführende Links:
Leichte Sprache: https://www.capito.eu/leichte-sprache/
Sehr detaillierte Erklärung von Alt-Texten vom Cooper Hewitt Museum: https://www.cooperhewitt.org/cooper-hewitt-guidelines-for-image-description/
Erklärung zu Alt-Texten für Tabellen, Diagramme, technische Zeichnungen usw.: http://diagramcenter.org/specific-guidelines-c.html
Tolles Video von Apple zu Barrierefreiheit in Technologien: https://www.youtube.com/watch?v=tVErGewfgdg