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TikTok bricht Download-Rekorde

Von einer Video-App zur erfolgreichsten Social Media-Plattform aller Zeiten

Was ist die Erfolgsformel? Und warum steht die App in Sachen Zensur, Diskriminierung und Datenschutz im Feuer der Kritik?

TikTok Download-Rekorde: TikTok Icons und tanzende Figur vor Kamera auf pinkem Hintergrund

TikTok – Bitte, was ist das für eine Sache?

Vor knapp vier Jahren wäre diese Frage vielleicht noch berechtigt gewesen. Denn da steckte TikTok, einst unter dem Namen Musical.ly bekannt, noch in Kinderschuhen. Wer sie hingegen heute stellt, wird garantiert als Hinterwäldler abgestempelt! Die chinesische Kurzvideo-Social-Plattform hat mittlerweile sogar die Business-Welt erobert.

Im September 2016 vom ByteDance-Gründer Zhang Yiming gegründet, konnte die App bereits im Juni 2018 500 Millionen aktive User aus 150 Ländern verbuchen. Im Februar 2019 wurde bei den Downloads die 1-Milliarde-Marke geknackt. Damit überholte TikTok einfach mal so das beliebte WhatsApp. Anfang Mai 2020 toppte man die vorherigen Erfolge mit sagenhaften 2 Milliarden Downloads! Davon 315 Millionen Neuinstallationen im ersten Quartal, mit einem europäischen Anteil von 45 Millionen.

Erfolgreichstes Social Network: In nur 3 Jahren zur Nutzermilliarde

Gerade einmal drei Jahre hat TikTok zum Erreichen der Nutzermilliarde benötigt. Im Vergleich dazu haben andere Social Media-Plattformen wie Facebook, Instagram, WhatsApp oder WeChat zwischen sechs und acht Jahren dafür gebraucht. Twitter und Snapchat sind bisher nicht über die 500-Millionen-Marke gekommen.

Für das schnelle Wachstum wird unter anderem die Übernahme des bisherigen Konkurrenten Musical.ly verantwortlich gemacht. Die Social Media-Plattform brachte mit einem Schlag zusätzliche 150 Millionen Nutzer in die App-Ehe.

TikTok_Nutzung sozialer Medien durch österreichische Jugendliche_Stand März 2020_Balkendiagramm

TikTok Download-Rekorde dank Quarantäne?

Aber ja! TikTok hat sich zweifelsohne während der Corona-Krise zum ultimativen Langeweile-Killer entwickelt. Während zum Beispiel Instagram nicht ohne aufsehenerregende Modeschauen, Festivals oder Jetset auskommt, baut die TikTok-Unterhaltung auf das Normalo-Leben. Jeder mit einem Smartphone, stabiler Internetverbindung und einer witzigen Idee kann hier Star werden.

Doch auch wer nach einem passenden Quarantäne-Soundtrack suchte, konnte sich auf TikTok aus einem riesigen Reservoir bedienen. In den vergangenen Wochen wurden von Nutzern weltweit mehrere Millionen von Clips zum Thema produziert. Darunter beispielsweise ein Cover des Songs “Bored in the house” oder etwa Comedy-Videos à la “It’s Corona Time”.

Von wegen Teenie-App: Influencer, Sportler und Models strömen zu TikTok

Zusätzlich hat das Corona-Lockdown dazu beigetragen, dass binnen kurzer Zeit zahlreiche Influencer auf die Plattform geströmt sind. Das ließ nicht nur die Anwenderzahl maßgeblich in die Höhe schnellen. Auch ältere Zielgruppen gesellten sich zum Portal dazu. Allein im März ist die Zahl der deutschsprachigen Influencer, die auf Instagram über TikTok sprachen oder TikTok-Videos teilten, um 70 Prozent gestiegen!

Vorbei sind die Zeiten, da die App als Spielplatz für Teenies belächelt wurde. Mittlerweile sind zahlreiche Promis wie etwa Bundeskanzler Sebastian Kurz, Fußball-Weltmeister Mario Götze, Model Lena Gercke oder Blogger Candy Ken aktive Nutzer des chinesischen Erfolgs-Netzwerks.

Ein Mitgrund: TikTok bietet neben Werbemöglichkeiten, auch zusätzliche Reichweite. Für Influencer ist es schlichtweg eine weitere Erzählebene, auf der sie sich austoben können.

Warum ist TikTok so erfolgreich?

Eigentlich scheiden sich bei der Frage nach der Qualität des Contents auf der Video-Plattform die Geister. Begeisterte TikTok-User fühlen sich durch die Clips sehr gut unterhalten. Im Gegenzug dazu meinen andere, die Clips sind schlecht und die Nutzer würden sich lächerlich machen.

Doch was macht TikTok anders als Instagram und Co?

Die Social Media-Plattform setzt im Vergleich zum Mitbewerb den Algorithmus, ergo die künstliche Intelligenz (KI), eindeutig aggressiver ein, auch was die Content-Erstellung anbetrifft. Dadurch sind Video-Schöpfer vermehrt imstande virale Hits zu produzieren. Dies steigert wiederum das Suchtpotential der App.

Der Clip-Ersteller bekommt nämlich Musikschnipsel und Effekte vorgeschlagen, entsprechend der gesammelten Daten zum Nutzerverhalten seines Publikums. Damit wird die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass der neue Inhalt erneut bei den Zuschauern gut ankommt.

Doch nicht alles ist “rosig” bei TikTok: Im Feuer der Kritik

Politische Zensur

Wiederholt gerät der chinesische Videobotschaftsdienst hinsichtlich politischer Zensur unter Beschuss. Videos von Nutzern, die sich kritisch gegen die chinesische Regierung äußern, werden nicht bloß gelöscht, sondern die entsprechenden User gesperrt. Argumentiert wird, dass dadurch die “Nationale Sicherheit” gefährdet wird.

Diskriminierung: Ugly Content Policy & LGBT

Böse Zungen behaupten, das Portal hätte seine Moderatoren angewiesen, Posts von armen, “hässlichen” und Nutzern mit Behinderung zu verbannen. Benannt wurde diese Taktik als Ugly Content Policy. Der Enthüllungsplattform “The Intercept” sollen Dokumente zugespielt worden sein, welche sogar die einzelnen Missbildungen auflisten, die auszuschließen sind. Es heißt, dass TikToks Auffassung nach Videos solcher Nutzer weniger attraktiv und damit nicht wert sind, neuen Usern empfohlen zu werden. Zugleich ist dies ein Versuch Cyber Mobbing zu unterbinden.

Vom Ausschluss betroffen sollen auch jede “hässliche” Umgebung, beispielsweise Slums oder ärmliche ländliche Gegenden sein. Darunter fallen zum Beispiel heruntergekommene Häuser, Gebäude mit Rissen in der Fassade oder “hässliche” Dekoration.

[Anmerkung der Redaktion: Um zu überprüfen, ob dies tatsächlich stimmt, haben wir die vermeintliche Diskriminierung am eigenen TikTok-Account getestet. Das Resultat: Videos von übergewichtigen Menschen oder Personen mit Behinderung werden normal angezeigt und auch vorgeschlagen. Auch der Vorwurf der Diskriminierung der LGBT-Community scheint aus der Luft gegriffen. Für die Bearbeitung von Videos bietet TikTok sogar eigene LGBT-Effekte an! Videos mit „hässlicher“ Umgebung sind uns bislang nicht untergekommen.]

Datenschutz

Die Erstanmeldung erfordert eine wirksame Einwilligung des Users nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a, 7 DSGVO und ist ab 13 Jahren erlaubt. Wer jünger ist, braucht die Einwilligung seiner Eltern. Da aber das angegebene Geburtsdatum nicht verifiziert werden muss, ist davon auszugehen, dass sich viele junge User unerlaubt im TikTok-Volk tummeln.
TikTok geizt ebenso nicht beim Sammeln der Daten seiner User. Schließlich will man ein Werbeerlebnis der Extraklasse bieten! Laut eigener Datenschutzerklärung werden deshalb folgende Daten gespeichert:

  • Name, Benutzername, E-Mail-Adresse und Telefonnummer, technische Daten wie Betriebssystem, Gerätemodell etc., sowie Zeitzonen-, Sprachauswahl und weitere lokale Einstellungen
  • IP-Adresse
  • Browserverlauf
  • Mobilfunkanbieter
  • Nutzerverhalten auf TikTok (beispielsweise Kommentare, Likes, hochgeladene Videos und Bilder)
  • Kommunikationsvorlieben
  • Inhalte gesendeter Nachrichten sowie deren Empfänger
  • Daten wie Profilinformationen, Freundesliste oder Login-Daten aus anderen sozialen Netzwerken und öffentlichen Forenkonten

Was passiert mit den Daten?

Da stellt man sich glatt die Frage, was dann mit all diesen umfangreichen Daten passiert. Gemäß TikToks Datenschutzerklärung werden die Daten zu folgendem Zweck verwendet:

… damit wir [unseren Geschäftspartnern] über unsere Dienste besondere Angebote machen können.

… in Bezug auf unsere On-Screen-Werbung [für] unsere Werbekunden und Werbenetzwerke, die diese Daten benötigen, um für Sie und andere Werbeanzeigen auszuwählen und anzuzeigen. Wir werden Ihre Kontaktdaten nicht an unsere Geschäftspartner weitergeben, so dass Sie nicht direkt von diesen kontaktiert werden. Aber wir werden andere Daten weitergeben, damit sie Ihnen auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittene Angebote machen können.

… [für] unsere Dienstleister und Unterauftragnehmer, die uns beim Betreiben der Dienste unterstützen.

… [für] Analyse- und Suchmaschinenanbieter, die uns bei der Verbesserung und Optimierung der Dienste helfen.

Etwas skurril klingt der Satz, dass die Daten an diejenigen Unternehmen weitergegeben werden,

… die wir beherrschen, von denen wir beherrscht werden oder die unter gemeinsamer Beherrschung stehen.

Sie wollen mit Ihrem Unternehmen auf Social Media mehr Menschen erreichen? Wir helfen Ihnen dabei!